Farbband und Randfigur
Vorlesungen zur Poetik
von Rakusa, Ilma
'Ich halte es in der heutigen Zeit für ein wunderbares und notwendiges Privileg, sich mit Literatur zu beschäftigen. Literatur ist ein Medium der Geduld, der geschärften Wahrnehmung ('wie zum ersten Mal'), der Schönheit, die ich schwebende Vieldeutigkeit genannt habe. Und sie leistet das Paradox, glücklich zu machen, auch wenn sie von Unglück spricht.' (Ilma Rakusa)
In sechs Kapiteln spricht Ilma Rakusa von einigen Verfahrensweisen, mit deren Hilfe Literatur entsteht, von Formen, Strukturen und Prinzipien ihrer Herstellbarkeit, sie spricht von Texten, die diese Techniken in Dichtung verwandeln, und sie stellt einige ihrer Lieblingsautoren mit dem geschärften Blick einer Schreibenden vor.
An Gertrude Stein und Samuel Beckett, Ossip Mandelstam und Velimir Chlebnikov, an Inger Christensen und Danilo Kis zeigt sie vor, was gemeinhin bereits wieder vergessen oder übersehen zu werden droht: Nicht der Stoff, die Sprache ist das Abenteuer, das Unwägbare.
Im Frühjahr 1898 kommt Salomon Ehrlich, jüngster Sohn einer jüdischen Familie
aus Galizien, dem Armenhaus der Habsburgermonarchie, nach Leipzig, um im
Textilgeschäft seines Onkels mitzuarbeiten. Nach wenigen Jahren harter
Arbeit hat er es geschafft. Er heiratet Rosa, noch stehen die Zeichen günstig
für die junge Familie, und Leipzig wird beiden zur neuen Heimat.